Interview mit Frau Dr. Geipert

EZ-Scout Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit

Was versteht man unter Entwicklungszusammenarbeit? Was ist Ihre Motivation in diesem Bereich zu arbeiten?

Frau Dr. Geipert in Marokko
Einsatz aus Marokko (GIZ), Beratung Landwirte zur Verbesserung der Produktion

In der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) unterstützt Deutschland seine Partnerländer dabei, die Lebensbedingungen von Menschen und die wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnisse weltweit zu verbessern. Das geschieht in Form von finanzieller und technischer Zusammenarbeit – und zwar immer auf Augenhöhe mit den Partnern. Darin unterscheidet sich die moderne Entwicklungszusammenarbeit von dem, was früher „Entwicklungshilfe“ genannt wurde.

Als Beraterin für Entwicklungszusammenarbeit, kurz „EZ-Scout“, unterstütze ich (51, promovierte Agraringenieurin an der JLU in Gießen) seit Oktober 2017 Firmen aus Hessen, die sich nachhaltig in Entwicklungs- und Schwellenländern engagieren wollen.

Mein Interesse in fremden Kulturen und Ländern die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, hat mich angetrieben in über 15 Jahren in vielen verschiedenen Projekten in Nord- und Westafrika und auch 3 Jahre in Afghanistan mitwirken und tätig sein zu lassen.

Was macht ein EZ-Scout genau? Welchen Vorteil bieten Sie Unternehmen?

Im Rahmen des EZ-Scout Programms werden entwicklungspolitische Expertinnen und Experten im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) an ausgewählte Wirtschaftsverbände, Kammern und Vereine vermittelt, wie z. B. den Hessischen Industrie- und Handelskammertag, an dem ich tätig bin. Ziel des Programms ist es, das nachhaltige unternehmerische Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern zu fördern. In Hessen sind derzeit vier der deutschlandweit insgesamt 33 EZ-Scouts im Einsatz.

Ein EZ-Scout berät und begleitet vor allem mittelständische Firmen bei Projekten und Aktivitäten in Märkten in Asien, Afrika, Lateinamerika oder Osteuropa. Das Entwicklungsministerium kann dieses unternehmerische Engagement mitfinanzieren oder fördern, wenn es entwicklungspolitisch sinnvoll und nachhaltig ist, wenn dadurch z. B. Arbeitsplätze und Einkommen für die lokale Bevölkerung geschaffen werden.

Welche Angebote, Programme und Kontakte für das jeweilige Unternehmen in Frage kommen, um die Markterschließung zu erleichtern, weiß ich als EZ-Scout. Viele Unternehmer sind froh, ihr wirtschaftliches Risiko durch Förderprogramme oder besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten gerade in schwierigen Märkten schmälern zu können.

Frau Dr. Geipert IHK Frankfurt
IHK Frankfurt (GIZ), Beratung am EZ-Scout Stand bei der 4. Westbalkan Einkaufsinitiative

Wie läuft ein Beratungsgespräch zwischen Ihnen und einem Unternehmen typischerweise ab?

Üblicherweise bekomme ich im Vorfeld zum Beratungsgespräch einige Informationen zum Unternehmen und den geplanten Tätigkeiten im Ausland. Daraufhin recherchiere ich vorab, welche Förder- und Finanzierungsangebote im speziellen Fall greifen und welche Netzwerke in den jeweiligen Ländern existieren und nützlich sein könnten. Im Gespräch höre ich mir nochmal an, um welche geschäftliche Aktivität es sich genau handelt, gehe mit den Unternehmern die Angebote durch und gebe die relevanten Informationen weiter. Häufig bekomme ich dann im Gespräch noch einmal nützliche Anhaltspunkte oder kläre Fragen und kann auch im Nachhinein noch einmal gezielt Informationen beschaffen.

Spüren Sie in der Beratungspraxis, dass die Bedeutung Afrikas als Markt für              Unternehmen insgesamt zunimmt?

Der große Fokus der deutschen Wirtschaft liegt sicher nicht in Entwicklungs- und Schwellenländern. Unternehmen, die sich für diese Märkte interessieren, zieht es bislang eher in den asiatischen Raum. Zum Vergleich: In Afrika sind derzeit nur knapp 900 Unternehmen aktiv, in Asien sind es fast 6.000. Aus den Rückmeldungen der IHKs weiß ich jedoch, dass es in letzter Zeit eine gestiegene Nachfrage zum Zugang in afrikanische Märkte gibt. Interessant ist es vor allem für Unternehmen, die international bereits gut aufgestellt sind und den Schritt nach Afrika als Chance erkennen, sich in großen Volkswirtschaften zu etablieren.

Schildern Sie bitte ein Beispiel aus der Wirtschaft, das mit Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im afrikanischen Raum erfolgreich ist.

Ein Beispiel aus dem develoPPP.de-Programm stammt aus Ghana: Wie in vielen anderen Ländern Afrikas herrscht auch hier eine große Wasserknappheit, das Grundwasser und die Flüsse sind zudem oft verunreinigt oder keimbelastet. Unternehmen, die einfache und bezahlbare Lösungen für hygienisches Trinkwasser anbieten, haben daher auf dem Kontinent gute Chancen – so wie zwei Unternehmen der German Water and Energy Group (GWE). Sie haben ein solarbetriebenes System entwickelt, das verschmutztes oder von Keimen befallenes Wasser zu sauberem Trinkwasser aufbereitet. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH haben sie im Norden Ghanas eine Pilotanlage installiert. Das Projekt stieß auf große Resonanz, auch in den örtlichen Medien, und eröffnete GWE den Zugang zu weiteren Märkten Afrikas.

Auch auf institutioneller Ebene tut sich viel. Die IHK Gießen-Friedberg bspw. unterhält seit sechs Jahren eine Berufsbildungspartnerschaft mit Nigeria. Dabei werden Elemente der deutschen dualen Berufsausbildung in das nigerianische System transferiert. So wurden in den letzten sechs Jahren rund 300 Trainer und 300 Auszubildende in vier Berufsbildern wie z. B. Industriemechaniker und Industrieelektroniker ausgebildet.

Unterstützt werden die Projekte aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Wie können Unternehmen Kontakt zu Ihnen aufnehmen?

Man kann sich über die jeweilige hessische IHK an mich wenden. Das gesamte Angebot und meinen Kontakt finden Sie unter www.ez-hessen.de. Sie können mich auch einfach in der IHK Gießen unter 0641 7954 3525 anrufen oder mir eine E-Mail schreiben an ez-scout@giessen-friedberg.ihk.de. Eine Beratung bei mir ist kostenlos und erfolgt in Abstimmung mit der jeweiligen IHK.

 

Dr. Susanne Geipert

Dr. Susanne Geipert

Beraterin Entwicklungszusammenarbeit/ EZ-Scout der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriumsfür wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Arbeitsgemeinschaft der hessischen Industrie- und Handelskammern
IHK Gießen-Friedberg
Lonystr. 7
35390 Gießen

Tel.: 0641/7954-3525
Fax::0641/7954-53525
E-Mail: ez-scout@giessen-friedberg.ihk.de
Web: www.ez-hessen.de